Die Kunst der Stunde
18. July 2018 | Portrait
Auf den Werkbänken liegen feinsäuberlich geordnet Zahnräder in verschiedenen Grössen, Fräs- und Bohrmaschinen stehen still. Wie jeden Morgen beginnt der Arbeitstag in Trimmis gemütlich bei Kaffee und Gipfel. Florian Schlumpf sitzt mit seinen Mitarbeitern zusammen und man plaudert zwanglos über die Schulerfolge der Kinder oder den kürzlich gebuchten Urlaub. Kundenaufträge oder Produktionspläne haben noch Pause.
Die Entschleunigung kam im Jahre 2011. «Ich verkaufte die Produktion der von mir entwickelten Fahrradgetriebe an eine deutsche Firma und hatte plötzlich Zeit und etwas Geld. Ein echter Befreiungsschlag», erinnert sich der heute 62-jährige Firmenchef.

Genuss ohne Gongschlag
Die Idee für die Zeitmaschinen schlummerte damals bereits seit Jahren in seinem Kopf. «Früher tickte ja in fast jedem Haus irgend- eine Stand- oder Wanduhr. Heute hört man dieses schöne, heimelige Geräusch leider kaum mehr.» Florian Schlumpf genügten als erfahrenem Maschinenbauer mit einer in jungen Jahren abgeschlossenen Bildhauerausbildung zwei Wochen, um den ersten Prototyp zu bauen: eine Zeitmaschine mit komplettem Uhrwerk aber ohne Zeiger und Ziffernblatt. Ein optisch ansprechender Einrichtungsgegenstand, vor dem man laut seinem Erfinder genussvoll ein Glas Wein trinken kann, ohne dabei ständig die Zeit verstreichen zu sehen. «Ob Stunden schnell oder langsam vergehen, hängt ja ohnehin stark vom persönlichen Empfinden ab. Unser Zeitgefühl ist etwas sehr Relatives», philosophiert der Bündner.
Heute fertigt er die feinmechanischen Meisterwerke bereits in Kleinserien von 5 bis 50 Stück und in verschiedenen Ausführungen. «Es gibt sie sowohl als Standgeräte als auch für die Wand. Und an einer wetterfesten Outdoor-Version arbeite ich gerade», verrät Florian Schlumpf.
Sämtliche Bauteile sind aus hochwertigen Materialien: vom veredelten Alu der Zahnräder über die Bronzelager bis zu spiegelpoliertem
Chromstahl oder auf Kundenwunsch sogar blattvergoldeten Teilen. Die erstklassige Verarbeitung sorgt dafür, dass die Zeitmaschinen praktisch wartungsfrei und äusserst langlebig sind. Das Design entsteht nicht als schmückendes Beiwerk, sondern ist bei Florian Schlumpf schlicht das Ergebnis von perfekt funktionierenden Bauteilen.

"Ob Stunden schnell oder langsam vergehen, hängt ja ohnehin stark vom persönlichen Empfinden ab. Unser Zeitgefühl ist etwas sehr Relatives"
Herr über die Zeit
Mittlerweile stehen die Zeitmaschinen aus Graubünden auf der ganzen Welt: von Europa bis in die USA oder Australien. «Ineinandergreifende Zahnräder und sich bewegende Teile üben quer durch alle Kulturen, Altersklassen und Gesellschaftsschichten eine geradezu hypnotische Faszination aus», weiss Florian Schlumpf. «Einer meiner ersten Kunden war etwa ein Geschäftsmann in London, der für sein Büro etwas suchte, was Besucher aus aller Welt von der ersten Sekunde an in seinen Bann zieht und für Gesprächsstoff sorgt», erzählt der kreative Maschinenbauer. «Dass man nirgends die Uhrzeit ablesen kann, trägt natürlich dazu bei.»
Es gibt aber auch Käufer, die sich eine dezente Zeitanzeige wünschen. Auf Wunsch liefert der findige Schweizer daher Zeiger und Stundenring als einfache, abnehmbare Magnetteile mit. Schliesslich ist es Florian Schlumpf wichtig, dass die Zeitmaschinen im Handumdrehen wieder in zeitlose Kunstobjekte verwandelt werden können. Mit einer klaren Botschaft, die der Bündner selbst seit Jahren lebt und verinnerlicht hat: Als Mensch sollte man seine Zeit stets im Griff haben. Und nicht umgekehrt.