Eine Frage des Vertrauens
9. May 2019 | Wissen
«Diamonds are a girl’s best friend», sang schon Hollywood-Legende Marilyn Monroe. Die blonde Schönheit verkörperte die Sehnsucht nach diesen funkelnden und leuchtenden Edelsteinen wie kaum eine andere Frau. Marilyn Monroe hatte sowohl beruflich als auch privat das Glück, kostbare Schmuckstücke tragen zu dürfen, wobei der Filmstar der 1960er-Jahre selbst so gut wie keine edlen Exemplare besass. Ein halbes Jahrhundert später sind Edelsteine längst Mainstream geworden.
Rekorderlös bei Versteigerung
Wer sich den Traum von einem kostbaren Schmuckstück erfüllen will, muss kein Millionär sein. Ein Ring oder Anhänger mit Diamanten ist bereits ab 2 500 Schweizer Franken zu haben. Nach oben sind den Preisen keine Grenzen gesetzt. Bei einer Auktion im November 2013 wurde ein rosafarbener Diamant, der «Pink Star», für 83 Millionen US-Dollar versteigert. Der Rekordstein hat 59,60 Karat und wiegt damit knapp 12 Gramm. Für einen farbigen Diamanten ist er aussergewöhnlich transparent.
Nie zuvor hatte ein einzelner Diamant eine solche Summe bei einer Auktion eingebracht. Dabei vereinen nicht nur Diamanten, sondern auch Farbedelsteine, wie Rubine, Saphire und Smaragde, unglaubliche Werte auf kleinstem Raum. In einer Hosentasche haben Steine mit einem Wert von mehreren Millionen Platz. Angesichts der jüngsten wirtschaftlichen Unsicherheiten suchen immer mehr Investoren nach alternativen Anlageformen. Denn das Sparbuch wirft kaum Zinsen ab, Immobilien bergen beträchtliche Risiken, und Aktien schwanken zum Teil stark. Doch sind Edelsteine tatsächlich eine Option, wenn es um den langfristigen Erhalt und die Vermehrung von Vermögen geht?

Sicherer Hafen für Anleger
«Diamanten eignen sich als Werterhalt für Menschen, die ihr Vermögen diversifizieren möchten und grossen Wert auf Stabilität und geringe Schwankungen legen», sagt Patrick Demi, Geschäftsführer des Liechtensteiner Vermögensverwalters Scarabaeus Wealth Management AG. Edelsteine seien vermutlich der einzige Rohstoff, dessen Preis sich unabhängig von den Finanzmärkten entwickelt. Ausschlaggebend für die Preisentwicklung sei ausschliesslich das Verhältnis von Angebot und Nachfrage. «Edelsteine haben das Prädikat eines sicheren Hafens für Anleger wirklich verdient, was von Gold in den vergangenen Jahren nicht immer behauptet werden kann», sagt Demi.
Thomas Frieden beschäftigt sich schon sein ganzes Leben mit den funkelnden und strahlenden Kostbarkeiten. Der Gemmologe ist Inhaber der Schmuckmanufaktur Frieden in Thun und beliefert rund 300 Juweliere im In- und Ausland mit seinen Juwelen-Kollektionen und mit losen Edelsteinen und Perlen. Dazu kommen Anfertigungen von extravaganten Einzelstücken. Auch wir zählen zu seinen Kunden. Unsere beiden Familienunternehmen pflegen eine generationenübergreifende Verbindung. Experten wie Thomas Frieden unterscheiden bezüglich Kapitalanlage zwischen Diamanten und Farbedelsteinen. «Diamanten haben einen viel grösseren Markt als Farbedelsteine. Die Preisentwicklung folgt deshalb eher der Konjunktur und verläuft kontrollierbarer. Ihre Preise in US-Dollar gerechnet haben sich in den letzten 15 bis 20 Jahren verdoppelt.»

Seltenheit hat ihren Wert
Bei den Farbedelsteinen eignen sich für Anlagezwecke nur wenige Edelstein-Varietäten, vor allem naturfarbene Rubine, Saphire und Smaragde von bester Qualität. Deren Preise haben sich innert weniger als zehn Jahren verdoppelt und verdreifacht. Den Preissprung erklärt der Gemmologe damit, dass Edelsteine von hoher Qualität und seltener Grösse nur noch sporadisch gefunden werden, weil sich die Lagerstätten erschöpfen und neue Abbauorte kaum mehr gefunden werden. Spezielle Varietäten kommen weltweit nur an einem oder ganz wenigen Orten vor. Solche Exemplare aufzutreiben, ist die Herausforderung des Gemmologen und Edelsteinhändlers. So sind blaue Saphire und rote Rubine aus Burma etwa weltweit gesucht. Die Preisentwicklung zeigt dementsprechend steil nach oben. Bei den Smaragden sind feine Qualitäten aus Kolumbien die Spitzenreiter. Frieden nennt ein Beispiel: Im Jahr 1965 wurde ein blauer Saphir mit 5 Karat aus dem Kaschmir-Gebirge noch für 10 000 US-Dollar verkauft; im Jahr 2000 kostete der Saphir bereits 250 000 US-Dollar. Heute liegt der Wert bei einer Million US-Dollar. Die Mine ist schon seit Jahrzehnten erschöpft.
Der Preisanstieg dürfte auch in Zukunft weitergehen. Zu diesem Schluss kommen zumindest die Unternehmensberater von Bain & Co. in ihrem jährlichen Diamanten-Report. Ein wesentlicher Grund liegt darin, dass es den Diamantförderern gelingt, das Angebot künstlich einzuschränken. Als die Preise zuletzt um fast ein Fünftel einbrachen, verschwand ein beträchtlicher Teil des Angebots vom Markt. Durch die Drosselung der Produktion halten die grössten Produzenten wie De Beers oder Alrosa nach Schätzung von Experten Diamanten im Wert von über drei Milliarden US-Dollar zurück.
Der weltweite Abbau von Rohdiamanten stagniert schon seit mehreren Jahren. 2013 wurden weltweit rund 130 Millionen Karat Rohdiamanten gefördert, das entspricht einem Gewicht von etwa 26 Tonnen. Schuld daran sind unter anderem alternde Minen. Der Grossteil der aktiven Minen wurde bereits vor mehreren Jahrzehnten erschlossen, neue Minen sind nur vereinzelt in Sicht. Laut der Studie von Bain & Co. wird der Abbau von Diamanten künftig sogar abnehmen. Weil die Nachfrage nach Edelsteinen hoch bleibt, führt die Verknappung des Angebots dazu, dass der Preis tendenziell weiter steigen wird.

Worauf Anleger achten müssen
Wer sich mit Edelsteinen als Investment befasst, sollte sich mit der Thematik vertraut machen. Beim Erwerb von Diamanten sollten Käufer primär auf die klassischen vier C-Kriterien, nämlich Carat, Cut, Color und Clarity achten. Der Vermögensverwalter Patrick Demi meint dazu: «Der Kauf sollte grundsätzlich über renommierte Partner abgewickelt werden. Ich rate davon ab, blind irgendwelche Diamanten über das Internet oder sonstige Händler zu kaufen, da meistens hohe Margen zu bezahlen sind. Vorgängige Informationen sind auch hier der Schlüssel zum Erfolg.» Unverzichtbar sind Zertifikate von international anerkannten gemmologischen Instituten. «Somit können auch Laien sicherstellen, dass sie wirklich jene Steine kaufen, die ihnen auch angeboten wurden», sagt Demi weiter.
Käufer sollten darüber hinaus die Herkunft der Diamanten prüfen. Wer ethisch korrekt handeln will, muss darauf achten, dass die Diamanten aus Quellen stammen, welche den Regeln des sogenannten Kimberley-Abkommens unterliegen. Mit diesem weltweiten Abkommen verpflichten sich die beteiligten Staaten dazu, nur Diamanten zu handeln, für die offizielle Herkunftszertifikate des Ursprungslandes vorliegen. Damit soll der Handel mit Blutdiamanten gestoppt werden, denn mit dem illegalen Schmuggel von Diamanten aus armen Abbauländern in reiche Länder werden häufig Bürgerkriege und Terror in Konfliktregionen, wie Zentralafrika, mitfinanziert.
Herkunft spielt zentrale Rolle
Für Thomas Frieden ist es eine Selbstverständlichkeit, dass er seine Kunden über die Herkunft der Edelsteine im Detail aufklärt und informiert. Frieden verfügt über jahrzehntelange Erfahrung im Geschäft und hat sich darüber hinaus auch an einer Saphirmine in Madagaskar beteiligt. «Dort werden sehr schöne naturfarbene Saphire in allen Regenbogenfarben gefunden», sagt Frieden. Das Material sei sehr rar und es brauche sehr viel Zeit und Geduld, bis man genügend Saphire in Topqualität gefunden habe, um fliessende und fein abgestimmte Regenbogenlinien zusammenzustellen. Daraus entwickelt die Schmuckmanufaktur ihre einzigartige Rainbow-Kollektion aus Armbändern, Colliers, Ringen und Ohrschmuck.
Primär sollte ein Edelstein als Wunder der Natur betrachtet und geschätzt werden. Solche Schätze, im Innern der Erde geboren und durch Zufall entdeckt, faszinieren die Menschen seit dem Altertum.

Ein Wunder der Natur
Frieden liegt besonders am Herzen, dass seine Kunden ihr Leben lang Freude an den unvergänglichen und nahezu unzerstörbaren Kostbarkeiten haben: «Primär sollte ein Edelstein als Wunder der Natur betrachtet und geschätzt werden. Solche Schätze, im Innern der Erde geboren und durch Zufall entdeckt, faszinieren die Menschen seit dem Altertum. Ihre Anziehungskraft ist seit Jahrtausenden ungebrochen. Die Werterhaltung oder sogar eine Steigerung betrachte ich als angenehme Begleiterscheinung. Man könnte es auch so beschreiben: Investition in Freude und bleibende Werte.» Nicht ganz zufällig wird das Wort «Diamant» aus dem griechischen Wort «adámas» hergeleitet, was so viel wie unbezwingbar bedeutet. «Diamonds are forever», sang schon Shirley Bassey im gleichnamigen James-Bond-Film. Auch die Männerwelt wird es freuen, dass ein Diamant länger hält als andere Geschenke, etwa ein Romantikurlaub. Dies dürfte sie darüber hinweg trösten, dass Diamanten der beste Freund einer Frau sind, wie Marilyn Monroe schon vor über 50 Jahren trällerte.
Diamanten, die aus Investitionszwecken gekauft werden, sollten nicht weniger als 1 Karat haben und von guter Qualität sein. Der Wert eines Diamanten wird an vier Qualitätsmerkmalen gemessen.
Colour (Farbe): Die teuersten Steine sind vollkommen farblos, das heisst ohne jeglichen Gelbstich.
Cut (Schliff): Der Schliff bestimmt die Brillanz eines Steines und somit erheblich seinen Preis.
Clarity (Reinheit): Je weniger Einschlüsse, desto höher der Wert. Die beste Qualität ist lupenrein.
Carat (Gewicht/Grösse): Ein Karat entspricht 0,2 Gramm – so viel wie ein Samenkorn des Johannisbrotbaums.